WE ARE HERE | MARCHES & PROTESTS Martha Rosler

Opening & Release 05.12. 2024 18.00 -21.00 Uhr; Ausstellung bis 05.01. 2025
Kurator: Daniel Blochwitz 

We Are Here. Wir sind hier. Das ist mehr als ein Statement. Wir sind hier. Das ist ein Bekenntnis. Es bedeutet die aktive Teilnahme und Teilhabe am demokratischen Prozess. Heisst, Demokratie, aus dem Altgriechischen dēmokratía, als Volksherrschaft ernst nehmen, auch wenn wir leider bis heute darum streiten, wer mit Volk (dēmos) gemeint ist. Denn noch immer erachtet es nicht jeden. Demokratie ist aber bei Definition keine Angelegenheit nur von Männern, oder Grundbesitzern, oder Weissen, oder dem reichsten Prozent der Gesellschaft. Um so wichtiger also: Wir sind hier. Heisst, wir alle. Ohne Einschränkung. Wer hier ist, gehört dazu. Das Ideal. Eine Utopie?

Weil es aber eben bis heute nicht gegeben ist, das sich Jede:r am Ort des Lebensmittelpunktes zugehörig und repräsentiert fühlen kann, ja, dass die Ausschlussmechanismen oft stärker sind als das Versprechen von Gemeinschaft, bedarf es gelegentlich Demonstrationen, um auf diese diskriminierenden Umstände aufmerksam zu machen. Demonstrieren, aus dem Lateinischen von dēmōnstrāre—also bezeichnen, darlegen, hinweisen—entlehnt. Schaut her: Wir sind hier.

We Are Here ist eine Hommage an die Strasse als Ort öffentlicher Auseinandersetzungen und an die Demonstrierenden als ihre zentralen Akteur:innen. Durch ihre körperliche Präsenz stehen sie für die eigenen Interessen und Rechte ein - und die Anderer. Ein demokratisches Recht und dessen Verantwortung zur Äußerung von Dissens und Protest für das Allgemeinwohl. Solidarität. Wir sind hier. Auch für euch.

Martha Roslers künstlerische Praxis ist seit den 1960er Jahren eng mit ihrem politischen Aktivismus verbunden. Schon ihre frühen Collagen waren für Zines gedacht, die auf der Strasse und bei Anti-Vietnamkriegsdemonstrationen verteilt wurden. Immer wieder hat sie auf Demonstrationen, Märschen und Protesten, an denen sie teilnahm, auch ihre Mitmenschen um sich herum offhand fotografiert. We Are Here versammelt eine Auswahl dieser Fotografien aus den letzten 12 Jahren und zeigt sie aufgedruckt auf Fahnen und Bannern sowie in einer Diashow. Zudem gibt Stephan Wittmer ein begleitendes Zine (_957 #171_We Are Here) heraus.

In einer Zeit, wenn gefühlt demokratische Prozesse bedroht sind und scheinbar vor allem in den Foren sogenannter sozialer Medien oder hinter verschlossenen Türen verhandelt werden, soll diese von Daniel Blochwitz kuratierte Ausstellung demonstrieren, dass die absolute Zahl der Menschen, die (auch) auf der Strasse ihr Recht auf demokratische Mitbestimmung einfordern und sich dort für eine gerechte Sache und progressive Belange einsetzen, seit Jahren eher wächst als weniger wird. Diesen vielen, politisch engagierten Menschen sowie ihren Anliegen und Meinungsäusserungen, die in einer DIY-Ästhetik auf Schildern, Transparenten und Fahnen Ausdruck finden, sei in dieser Ausstellung Anerkennung gewidmet. Denn Demokratie ist nicht in Gefahr, aber wir sollten uns wieder darüber bewusst werden, wer für sie einsteht und wie.

Wer, wenn nicht wir? Wann, wenn nicht jetzt? 

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